Kommunikation als Überlebensstrategie: Was Personaler von einer Schiffscrew lernen können

Eine Horrorgeschichte, die deutlich zeigt, was passiert, wenn ein Führungsstil nicht auf Vertrauen, Respekt und Wertschätzung fußt, ist das Schiffsunglück der Costa Concordia. Ein Kapitän, der sich mit seiner Brückencrew heimlich und feige aus dem Staub macht, ohne mit der Besatzung und den Passagieren zu kommunizieren. Ein grober Führungsfehler, der viele Menschen das Leben gekostet hat. In vielen Teams und Chefetagen spielen sich ähnlich gruselige Beispiele dafür ab, wie Mitarbeitermotivation, Kommunikation und Zusammenhalt nicht funktionieren. An Bord habe ich aber auch das genaue Gegenteil erlebt und es mir zur Aufgabe gemacht, die Welt an diesen Ereignissen teilhaben zu lassen. 

Heute geht es darum, was Personaler von einer funktionierenden Schiffscrew lernen können. Am Ende des Artikels erzähle ich dir eine wunderbare Geschichte, wie du deine Mitarbeiter mit Wertschätzung zu Stars machst!

Wer schreibt über Kommunikation, Personalführung und Mitarbeitermotivation?

Autor, Redner, Bad Reichenhaller, ehemaliger AIDA Entertainment Manager und Vollblut-Papa, Thorsten Jost. Ich bewege mich in vielen Lebensbereichen, in denen Kommunikation, Motivation, Wertschätzung und Leidenschaft meine wichtigsten Begleiter sind. 

Vor meiner AIDA Laufbahn hatte ich rein gar nichts mit dem Thema Leadership am Hut. An Bord durfte ich dann in diese verantwortungsvolle Aufgabe hineinwachsen und habe darin eine große Leidenschaft entdeckt. Für mich war schnell klar, dass mir das Führen eines Teams, in dem jeder sich gesehen und gehört fühlt, besonders großen Spaß macht. Mir geht es dabei um die Menschen dahinter, an deren Geschichten und Eigenarten ich einfach von Natur aus interessiert bin. 

Innerhalb der Crew fiel dann andauernd der Satz: “Das gibt’s doch alles gar nicht, darüber muss unbedingt jemand ein Buch schreiben!” 

Uns war einfach klar, dass die Geschichten, die sich an Bord abspielen, so irre und so fantastisch sind, dass die Welt einen Zugang dazu braucht! 

Thorsten Jost spricht mit Leidenschaft und einer guten Prise Humor über seine Zeit als Crew Mitglied an Bord eines Kreuzfahrtschiffes (Foto: Lee Arnold)

Und so schrieb ich ein Buch

Ich liebe es, Menschen zu begeistern und Mitarbeiter zu motivieren. Also habe ich das Buch “Alle in einem Boot – Was Führungskräfte von Seefahrern lernen können” geschrieben, mit meinen persönlichen Bordgeschichten gespickt und bei jeder einzelnen einen Bezug zur Personalführung geschaffen. Ich denke, dass diese Geschichten super unterhaltsam und spannend sind und dass jeder daraus etwas für sich mitnehmen kann.

Als ich Papa wurde, tauschte ich das Leben als Seefahrer gegen mein Leben als Redner, Autor und Podcaster an Land. Meine tiefe Verbundenheit zur Seefahrt lässt mich aber nach wie vor täglich eine Nachmittagssendung bei AIDAradio moderieren.

Was kann ich als Personaler von einer funktionierenden Schiffscrew lernen?

An Bord ist Kommunikation überlebenswichtig! Wenn es etwas gibt, dass sich Personaler und Führungskräfte von einer bestehenden Schiffscrew abgucken können, dann ist es die Art der Kommunikation. Jeden mitzunehmen und zu informieren. Oft ist es doch so, dass die Chefetage und eine Abteilung darunter immer über alles Bescheid wissen, aber die anderen Kollegen nur wenig informiert sind. Um das zu umgehen, gibt es an Bord klassische Blackboards bzw. Whiteboards, auf denen alle wichtigen Neuerungen und Informationen angebracht sind. Was sich in den letzten Jahren verändert hat, ist außerdem, dass mittlerweile jeder Mitarbeiter an Bord ein eigenes Smartphone hat. Wenn es also wichtige Informationen gibt, wie zum Beispiel, dass der Hafen am nächsten Tag eine Stunde später angelaufen wird, ist die Schiffscrew direkt informiert. Das spart nicht nur Papier, sondern unterstützt auch das Teambuilding. Jeder ist erreichbar und immer up-to-date. Wortwörtlich sitzen hier alle im selben Boot. Miteinander zu reden ist das absolut Wichtigste! Digitale Medien für eine effektive Kommunikation zu nutzen macht meiner Meinung nach einfach Sinn.

Was ist die Basis für ein funktionierendes Team?

Für mich baut sich ein starkes Team auf diesen 3 Säulen auf:

  1. Vertrauen
  2. Respekt
  3. Wertschätzung

Grundsätzlich Werte, die du von jedem Leadership-Trainer hörst. Ich bin der Meinung, das ist gut so, denn genau diese Säulen bilden das Fundament für eine herausragende Zusammenarbeit.

  1. An Bord geht Vertrauen schon da los, dass du dein Leben in die Hände der Nautiker und des Kapitäns legst. Feuer ist die größte Gefahr an Bord. Es ist zum Beispiel nicht erlaubt, in der Kabine zu rauchen oder Kerzen anzuzünden. Auch Bügeleisen sind an Bord tabu. Als Crewmitglied und Passagier musst du dich darauf verlassen, dass alle an Bord sich an diese Gesetze halten. Vertrauen spielt also von Anfang an eine sehr große Rolle. Auch ein zwischenmenschlicher Schwelbrand wird an Bord anders zur Gefahr: Du lebst und arbeitest zusammen auf engstem Raum, siehst dich abends noch in der Crewbar und kannst dir nicht so richtig aus dem Weg gehen. Ungeklärte Auseinandersetzungen brodeln dann unter Deck und es wird sehr schnell ungemütlich. Auf so engem Raum entsteht dabei eine ganz andere Dynamik. Es ist also umso wichtiger, aufmerksam und achtsam miteinander umzugehen und ganz, ganz viel zu reden!
  1. Die zweite Basis, die sich Führungskräfte an Land von einer bestehenden Schiffscrew abschauen können, ist ein respektvoller Umgang miteinander. An Bord arbeiten teilweise 30 – 40 verschiedene Nationen zusammen und sie alle haben unterschiedliche Bedürfnisse und Vorstellungen. Wenn die Asiaten am Abend Bock haben, die Karaoke-Maschine in der Crew Bar anzuschmeißen, dann gibt es da keine Streitereien, sondern ein Miteinander. Wir müssen akzeptieren, dass nicht alle die gleichen Ambitionen haben und auch mal zurückstecken, selbst wenn uns etwas nicht passt. So entsteht eine echte Gemeinschaft. Wenn es zur Motivation eines Mitarbeiters beiträgt, sollte ich ihm gewähren, solch individuellen Bedürfnissen nachzugehen. Dazu muss ich als Leader interessiert nachfragen und erkennen, was meinen Mitarbeitern wichtig ist. Wenn ich weiß, dass Kollege XY an Land gerne Fußball spielt und deshalb 2x im Jahr ein bestimmtes Wochenende frei braucht, kann ich ihm das als Chef doch ermöglichen? Weil es ihm wichtig ist und solche “Kleinigkeiten” seine Motivation steigern werden. Ist einem anderen Mitarbeiter wichtig, ein Foto von seiner Familie auf dem Schreibtisch zu haben, dann frage ich mich einfach: WHY NOT? Teilweise leben wir wirklich noch in einer Zeit, wo individuelle Bedürfnisse keinen Platz haben.
  2. Es gibt gar nicht genug Wertschätzung an Bord. Dabei müssen es gar nicht immer die großen Dinge sein, sondern vielleicht einfach mal ein kurzes Gespräch bei einem Kaffee. Als gute Führungskraft weiß ich über meine Mitarbeiter Bescheid und frage beim nächsten Treffen auch mal nach, wie es der Familie oder dem gequetschten Finger geht. Sich wirklich ernsthaft für seine Mitarbeiter zu interessieren, macht einen großen Unterschied in der Kommunikation und Führungskompetenz.

Was sind die größten Herausforderungen an Bord?

An Bord ist alles sehr viel intensiver. Zum Beispiel verläuft das Kennenlernen mit neuen Menschen ganz anders als an Land. Man sieht sich jeden Tag und nicht nur 1x in 2 Wochen. Dadurch bauen sich Beziehungen viel schneller und viel intensiver auf. Auch das Zusammenleben und Arbeiten auf engstem Raum und die Konflikte, die dabei entstehen können, wenn 30 – 40 verschiedene Nationen unter einem Dach leben, musst du verstehen lernen und daraus ein Team schaffen können. 

Eine weitere Herausforderung ist, dass du auf jedem Schiff wieder mit einem anderen Team arbeitest. Du weißt vorher nicht, mit welchen Menschen du zusammengewürfelt wirst. Empathie und Feingefühl sind dabei enorm wichtig, um auf jeden Einzelnen eingehen zu können.

Eine Führungskraft hat eine wirklich große Vorbildfunktion,  welche Eigenschaften sind noch wichtig?

Mit anzupacken! Zu sehen, was die Kollegen den ganzen Tag treiben. Nicht als Kontrolletti, sondern als Instanz, die eine Leistung anerkennt.

Ein Beispiel aus der Adria: Venedig ist das Highlight am Ende der Reise. Alle freuen sich darauf. Eines Morgens ging die Kapitäns-Glocke und er musste verkünden, dass Venedig nicht angelaufen werden kann, weil im Hafen ein kleines Boot untergegangen ist. Da konnten wir natürlich nicht drüber fahren. Anstelle dessen mussten wir die enttäuschten Gäste beruhigen. Es hagelte Beschwerden auf jeden Mitarbeiter. Um die Gäste zu besänftigen, hat der Kapitän dann die Open Bar ausgerufen: Normalerweise muss für die Getränke an Bord bezahlt werden. An besagtem Tag war dann eine Stunde lang alles for free. Wir Offiziere waren gerade in einer Besprechung, als wir gesehen haben, wie die Gäste in 4 Reihen vor den Bars Schlange standen. Also haben wir das Meeting abgebrochen und sind unseren Kollegen zur Hilfe geeilt. Wir haben mit ausgeschenkt, Geschirr abgeräumt, Kaffee gemacht und unsere Mitarbeiter dabei beobachtet, was sie den ganzen Tag so machen. Es war absolut irre zu sehen, was sie dort an der Bar alles gleichzeitig leisten! 

Nach einer Stunde Open Bar gab es Standing Ovations an jedem Tresen. Nicht nur ein kleiner Applaus, sondern wirklich richtige Ausraster (im positiven Sinne) seitens der Gäste und der Besatzung. Das hat uns an Bord unglaublich zusammengeschweißt!

Das ist eine Geschichte von vielen, die deutlich zeigt, wie ungewöhnlich und herausfordernd manche Situationen an Bord sein können. Sie zeigt aber auch, dass außergewöhnliche Situationen außergewöhnliche Lösungen erfordern und wie diese im Endeffekt etwas grandioses Erschaffen können!

Schiffsunglück der Costa Concordia: Wenn das Vertrauen an Bord untergeht

Eine Horrorgeschichte zum Thema Vertrauen bzw. Vertrauensmissbrauch an Bord eines Kreuzfahrtschiffes: Der Kapitän und die Brückenbesatzung der Costa Concordia haben sich 2012 einen irreparablen Fehler geleistet. Anstatt das Prozedere zu starten, auf das du dich als Gast und als Crew im Unglücksfall an Bord verlässt, hat der Kapitän sich mit seiner Brückencrew in ein Rettungsboot gesetzt und ist abgedampft. Er hat alle im Stich gelassen. Wir haben noch Jahre danach in unseren Sicherheitstrainings darüber gesprochen. Unser damaliger Trainer hat gesagt: Wäre das Prozedere so gelaufen, wie es laufen muss, wären vllt. trotzdem Menschen gestorben, aber niemals in diesem Ausmaß. 

Diese Geschichte ist ein absolut krasses Beispiel dafür, dass das Vertrauen an Bord auf keinen Fall missbraucht werden darf! 

So macht ihr eure Mitarbeiter zu Stars! – Smiling Star Award

Ein Zitat aus meinem Buch lautet: “Macht eure Mitarbeiter zu Stars!”, aber wie macht man das eigentlich? 

Ganz einfach, indem du einen Award verleihst. Bei uns an Bord war das der Smiling Star Award, eine Auszeichnung von unseren Gästen an unsere Mitarbeiter. Am Ende jeder Reise konnten die Gäste ihren persönlichen Smiling Moment mit einem Crewmitglied auf einen Zettel schreiben und an der Rezeption abgeben. Am letzten Abend der Reise haben wir auf der Bühne durch den HR-Manager und Kapitän vor allen Gästen bekannt gegeben, wer den Smiling Star Award gewonnen hat. Der oder die Auserwählte wusste bis zu diesem Überraschungsmoment nichts von ihrem Glück und wurde dann durch das Rampenlicht, laute Musik, Nebel und Applaus von allen Seiten gebührend gefeiert.

Man kann aus einem solchen Award so viel mehr machen, als nur ein Bild vom “Mitarbeiter des Monats” an die Pinnwand zu hängen oder einen Gutschein zu überreichen! 

Einen Gutschein gab es natürlich trotzdem. Unsere Smiling Stars durften sich über einen freien Tag freuen, was an Bord wirklich eine Besonderheit ist! So wurden natürlich auch andere Mitarbeiter motiviert, auf der nächsten Reise noch mehr Gas zu geben, um den Award zu gewinnen. Wir haben damit also eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten geschaffen.

Mich gibt’s auch Live

Ich liebe es, die Geschichten von Bord zu erzählen und dadurch auch andere Führungskräfte und ihre Teams zusammenzuschweißen. Wir können von einer funktionierenden Schiffscrew wirklich viel lernen und so habe ich mittlerweile mehrere Portale geschaffen, auf denen du meine Bordgeschichten hören oder lesen kannst. Auf meiner digitalen Visitenkarte www.thorstenjost.com findest du all meine Vortragsthemen, Videos, Links zu meinen Podcasts und Social-Media-Kanälen, Pressestimmen, einen Blog und Probeartikel aus meinem Buch. Ich freue mich, dass du dich für einen vertrauens- und respektvollen Weg entscheidest und deinen Mitarbeitern mit Wertschätzung entgegen treten möchtest. Alles, was du dazu brauchst, findest du auf meinem Kanal und in meinen Keynote-Vorträgen! 

Dieser Blogartikel basiert auf einem Interview mit Jan Martensen von HR aus dem Norden.

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